Editorial – Krone der Schöpfung?
Liebe Leserin! Lieber Leser!
„Wie muss die Theologie der Schöpfung, wie müssen christliches Selbst- und Welt-Verständnis neu gedacht, neu formuliert und radikalisiert werden“, wenn man das aktuelle Wissen um die ökologischen Zusammenhänge ernstnimmt? Das fragt sich der Dogmatiker Michael Scherzer im Lehrendeninterview dieses Heftes. Damit trifft er genau das aktuelle Fokusthema: Ausgehend von der christlich begründeten Sonderstellung des Menschen gegenüber allem Geschaffenen und dem (auch) dadurch freigesetzten massiven Zerstörungspotenzial (Anthropozän) plädiert die Theologin Julia Enxing für eine „entschieden andere“ Theologie, die sich tatsächlich vom Anderen her versteht und in Anspruch nehmen lässt. Sie denkt das im Christentum einseitige (Macht-)Verhältnis des Menschen zur nicht-menschlichen Schöpfung neu: in engster Verwobenheit statt im traditionellen Gegenüber. Sie folgt damit theologischen Ansätzen, die den Imago-Dei-Gedanken auf die nicht-menschliche Schöpfung ausweiten und primär als Ausdruck der Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung deuten. Der Bioinformatiker Wolfgang Schreiner reagiert ab Seite 18 auf die Beobachtungen und Fragen Julia Enxings. Dasselbe Duo können Sie am 11.10.23 in der AKADEMIE am DOM live erleben – wahlweise vor Ort oder online: Und Gott sah, dass es schlecht war … Theologische und naturwissenschaftliche Zugänge.
Übrigens hat auch das Cover-Foto einen Bezug zum Thema. Es zeigt den Heiligen Berg Kailash in Tibet, der aufgrund seiner Bedeutung für den Buddhismus, Hinduismus, Jainismus und Bön nie von einem Menschen bestiegen wurde. Was es mit der Kora, der Umrundung des Berges auf einem 53 km langen Weg über den 5700 m hohen Pass der Tara auf sich hat, erfahren Sie im Spezialkurs „Pilgern“ in St. Georgen am Längsee (vgl. S. 35).
Zu allen Spezialkursen und Online-Modulen, die im Herbst starten, finden Sie in diesem Heft detaillierte Informationen; ebenso zu den drei Studienreisen 2024. Lassen Sie sich von unseren Angeboten inspirieren! Und machen Sie die THEOLOGISCHEN KURSE bitte in Ihrer Umgebung bekannt. Weisen Sie insbesondere auf den Theologischen Kurs hin, der in Präsenz, als Fernkurs oder online belegt werden kann. Und falls Sie ihn selbst noch nicht besucht haben – warum nicht im Herbst starten? Wenn der Kurs Ihr Zeitbudget übersteigt, empfehle ich Ihnen einzelne Abende in der AKADEMIE am DOM – vor Ort oder online. Bitte wählen Sie aus dem WintersemesterProgramm im beiliegenden Folder.
Auf ein spannendes und erkenntnisreiches neues Arbeitsjahr!
Herzlich,
Ihr Erhard Lesacher