"Lehren und lernen gehen Hand in Hand"
Erschienen in: theologie aktuell | Ausgabe 4 - Jahrgang 2023/24
Wie lange lehren Sie schon bei den Theologischen Kursen?
Seit über 13 Jahren. Mein erster Theologischer Fernkurs war in Tainach in Kärnten im Sommer 2010 während einer Hitzewelle. Ich habe die Woche in sehr guter Erinnerung, vor allem die erste Begegnung mit den Teilnehmenden und die Zweisprachigkeit vor Ort.
Welches Fach tragen Sie bei den Theologischen Kursen vor?
Bei den Theologischen Kursen lehre und prüfe ich das Modul „Neues Testament“.
Was ist Ihnen im Theologischen Kurs in Ihrem Fach besonders wichtig?
Mir ist wichtig zu hören, was Kursteilnehmende am NT besonders interessiert und womit in der Bibel sie sich leicht und schwer tun. In den Kursstunden lege ich Wert auf den historischen Kontext. Denn die sozial-historischen Gegebenheiten zur Abfassungszeit der Texte zu kennen, kann vor so manchen Missverständnissen in der Auslegung bewahren. Auch die Berücksichtigung des nachösterlichen Charakters und der Aussageabsichten der unterschiedlichen Textformen sind mir ein großes Anliegen, weil sie für ein Verständnis der Bibel schon oft "die halbe Miete" sind.
Haben Sie selbst beim Lehren im Theologischen Kurs auch neue Einsichten gewonnen?
Natürlich, lehren und lernen gehen Hand in Hand. In den Fragen, Diskussionen und Gesprächen mit den Kursteilnehmenden eröffnen sich stets neue Perspektiven. Spannend finde ich zu hören, mit welchen Vorkenntnissen und persönlichen Erfahrungen Menschen an die Bibel herangehen. Wenn Teilnehmende aus unterschiedlichen christlichen Kontexten anwesend sind, staune ich immer wieder, welch hohen Stellenwert die Bibel vor allem in protestantischen Kreisen hat. Da erlebe ich die Theologischen Kurse als einen Ort der Begegnung und der gegenseitigen Bereicherung.
Welche Erfahrung bei den Theologischen Kursen haben Sie in besonders guter Erinnerung?
Da gibt es viele Highlights, beginnend bei der ausgezeichneten Organisation und Betreuung vor Ort. Ein Highlight sind für mich der Gruppengeist und die gute Laune unter den Teilnehmenden. Als Lehrende stoße ich meist dann zu einer Gruppe, wenn sich bereits eine Dynamik entwickelt hat. Diese Dynamik ist jedes Mal ein bisschen anders, aber stets motivierend und inspirierend. Besonders gute Erfahrungen habe ich auch in Gesprächen mit Teilnehmenden in und nach den Prüfungen gemacht.
Welche theologische Frage beschäftigt Sie zurzeit am intensivsten?
Gemeinsam mit einem Team von PostDocs und Doktoratsstudierenden forsche ich derzeit intensiv an neutestamentlichen Bibelhandschriften in mehreren Sprachen. Neben der Erstellung von wissenschaftlichen Texteditionen interessieren mich Fragen zur Weitergabe des Bibeltextes über die Jahrhunderte und wo sich gegenseitige sprachliche Beeinflussungen in den alten Bibelübersetzungen feststellen lassen.
Von welcher Theologin/welchem Theologen haben Sie am meisten gelernt?
Von vielen habe ich gelernt: von der Weisheit im AT, von Paulus in 1Kor 15 und vom Autor des lukanischen Doppelwerks, der die Zeitgeschichte mit der Heilsgeschichte verbindet. Dem päpstlichen Lateiner Reginald Foster verdanke ich direkten Zugang zu theologischer Literatur über Klassiker wie Augustinus und Thomas von Aquin hinaus. Besonders inspiriert haben mich auch der Systematiker Gottfried Bachl, der Fundamentaltheologe John Fuellenbach und der neutestamentliche Textforscher David Parker.
Ihre aufregendste Bibelstelle?
Da gibt es viele. Wenn ich mich auf eine Stelle festlegen muss, dann ist es Jes 45,7.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Mehrere gleichzeitig, arbeitsbedingt und in der Freizeit. Dazu gehört im Moment das Büchlein "Leven met Ignatius" des Jesuiten Nikolaas Sintobin, da kann ich bei der Lektüre auch gleich mein Niederländisch aufbessern.
Welche Musik hören Sie gerne?
Quer durch den Gemüsegarten und ganz nach Lust und Laune. Von Gregorianik und Barock über Evergreens, Blasmusik und Hard Rock bis zu atonaler und experimenteller Musik ist von allem ein bisschen dabei, sicherlich Henry Purcell und die Red Hot Chili Peppers.
Was machen Sie am liebsten in Ihrer Freizeit?
Derzeit Sport. Ich sitze viel am Schreibtisch und freue mich über Bewegung als Ausgleich.
Wo fühlen Sie sich kirchlich zu Hause?
Ich komme aus der Diözese Linz und bin dort mit Sternsingen, Ministrieren, Jungscharlagern und Burg Altpernstein im Geist des 2. Vatikanum aufgewachsen. Das Leben der Menschen mit all seinen Sorgen und Freuden (vgl. Gaudium et Spes 1) ist auch mein kirchliches Zuhause.
Mit wem würden Sie gerne einmal einen ganzen Tag verbringen?
Da ich in Belgien lebe, ist die Antwort auf diese Frage recht einfach: mit Freunden und Familie in Österreich.
Welches Ziel wollen Sie noch erreichen?
Gemeinsam mit meinem Team will ich die Ziele unserer derzeitigen Forschungsprojekte erreichen. Außerdem würde ich gerne einmal im Pazifik surfen.
Herzlichen Dank für Ihre Antworten!
ZUR PERSON:
Prof. DDr. Christina M. KREINECKER ist Professorin für Neues Testament in Leuven (Belgien). Seit 2010 lehrt sie bei den THEOLOGISCHEN KURSEN Neues Testament.