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Nikolaus Krasa
Ja! Natürlich THEOLOGISCHE KURSE!
Eine Geschichte aus meiner Kinderbibel hat mich neben den vielen bunten Bildern immer wieder fasziniert. Wahrscheinlich, weil sie ein bisschen etwas Legendenhaftes hat und an die gute Fee der Märchen erinnert, die drei Wünsche freigibt. Es sind zwar nicht drei Wünsche, die Salomo freistehen, aber immerhin ist es der Herr selbst, der den König einlädt, einen Wunsch zu äußern. Am Ende der Geschichte gibt es dann doch drei Wünsche, allerdings in negativer Abgrenzung: Gott zählt lobend auf, was Salomon nicht gewünscht hat.
Auch wenn die Attraktivität der Bilder meiner Kinderbibel verblasst ist, fasziniert mich die Antwort des Salomon heute noch, weil sie so einfach und gleichzeitig tiefgründig ist. Salomon erbittet ein לב שמע, ein hörendes Herz. Das Herz, so habe ich später im Studium gelernt, ist im Menschenbild der Bibel der Sitz des Verstandes. Hören wiederum ist ein Leitwort der biblischen Tradition. So antwortet etwa Jesus, das Hauptgebot zitierend, einem Schriftgelehrten in Mk 12,29: Höre Israel. Und hören meint hier wohl: erwägen, diskutieren, studieren, reflektieren.
Mit dem Ziel „von einer konventionellen Glaubensmentalität zu einem überlegten Glaubensvollzug zu kommen“ wurden die THEOLOGISCHEN KURSE 1940 in Zeiten massiver politischer Bedrängnis von Margarete Schmid gegründet. Sie eröffnete so interessierten Menschen quer durch alle Berufsgruppen, Alters- und Gesellschaftsschichten die Möglichkeit, Wissen über unseren Glauben zu erwerben, sich im Diskurs damit kritisch auseinanderzusetzen, um damit auch über den eigenen Glauben Rede und Antwort stehen zu können (vgl. 1 Petr 3,15).
In den letzten 75 Jahren hat sich die gesellschaftliche und weltanschauliche Situation in unserem Land dramatisch verändert. Christsein ist nicht mehr selbstverständlich, Krieg und Terror im Namen von „Religion“ nehmen zu. ChristInnen sind noch stärker als früher herausgefordert, ihren eigenen Glauben zu reflektieren (und das heißt auch, ihre eigene Glaubenstradition besser kennen zu lernen), um nicht in die scheinbar einfacheren Lösungen sektenhaft engen Denkens oder belangloser Gleichgültigkeit zu verfallen. Gratulation deshalb allen, die sich dieser Auseinandersetzung stellten und stellen, den hunderttausenden AbsolventInnen genauso wie den Lehrenden unserer THEOLOGISCHEN KURSE. Eigentlich aber haben sie damit nur getan, was die jüdische Tradition für selbstverständlich hält, wie ich einem Spruch aus den Pirquei Avot entnehme. Er wird dort (2,9) Rabbi Jochanan, dem Sohn Zakkais, einem Schüler Hilles und Schammais zugeschrieben: „Rühme dich nicht, wenn du viel im Gesetz geforscht hast, denn dazu wurdest du ja erschaffen.“ Studieren, lernen, ein hörendes Herz zu haben und zu leben entspricht also nach Rabbi Johanan einfach der (wie wir ChristInnen sagen würden) Schöpfungsordnung, ist also das Natürlichste auf der Welt. Und das ist fast schon so etwas wie ein Werbeslogan: „THEOLOGISCHE KURSE – das Natürlichste auf der Welt“, oder noch kürzer: „Ja! Natürlich THEOLOGISCHE KURSE“.
Generalvikar Dr. Nikolaus KRASA, Erzdiözese Wien