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Nuntius Zurbriggen
Der Glaube ist eine Gabe, die auffordert, mehr zu verlangen
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1Petr 3,15). Seit nunmehr 75 Jahren versuchen die THEOLOGISCHEN KURSE den Aufruf des Apostels Petrus umzusetzen und ein „Ort der Reflexion über die großen Fragen des Lebens und des Glaubens“ zu sein. (cfr. Homepage der THEOLOGISCHEN KURSE)
Die bekannte heilige Märtyrerin Edith Stein hat einmal in einem ihrer Werke geschrieben: „Der Glaube ist eine Gabe, die angenommen werden muß. Göttliche und menschliche Freiheit begegnen einander darin. Aber es ist eine Gabe, die auffordert, mehr zu verlangen: Als dunkle und uneinsichtige Erkenntnis erweckt er die Sehnsucht nach unverhüllter Klarheit, als vermittelnde Begegnung das Verlangen nach unmittelbarer Begegnung mit Gott; ja, selbst der Inhalt des Glaubens erweckt das Verlangen: durch die Verheißung des seligen Schauens“ (Edith Stein: Wege der Gotteserkenntnis, in: ESGA, Band 17, 3. Auflage, Freiburg 2013, pp. 54f.). Dieses Zitat der großen Märtyrerin zeigt sehr klar, daß der Glaube vor allem ein übernatürliches Geschenk ist. Zugleich ist der Glaube aber auch eine Entscheidung für Gott und dafür, mit ihm in seiner Gegenwart zu leben.
Das Leben in der Gegenwart Gottes führt in das Verständnis der Gründe ein, warum einer glaubt. Aus diesem Grund ist die Kenntnis des Glaubensbekenntnisses substantiell für jeden Christen, um die eigene Zustimmung gegeben zu können. D.h. jeder einzelne Gläubige ist angehalten dem, was von der Kirche vorgelegt wird, mit Wille und Verstand zuzustimmen. Eine große Hilfe dabei ist der Katechismus der Katholischen Kirche, das Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche und v.a. für Jugendliche und junggebliebene Erwachsene der YOUCAT.
Es ist unser aller Aufgabe, unseren Glauben von Generation zu Generation an allen Orten der Welt weiterzugeben. „Da der Glaube aus einer Begegnung innerhalb der Geschichte hervorgeht und unseren Weg in der Zeit erleuchtet,“ so sagt es uns Papst Franziskus „muß er durch die Zeiten hindurch weitergegeben werden. Mittels einer Kette von Zeugnissen kommt die Gestalt Jesu zu uns“ (Papst Franziskus: Enzyklika Lumen fidei, 37). Das zeigt uns, dass es unmöglich ist allein zu glauben, denn der Glaube ist nie bloß eine individuelle Option und auch keine Art esoterischer Selbstbedienungsladen. Wir brauchen die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen aller Jahrhunderte. Ihr kommt die wichtige Aufgabe zu, für die Einheit, die Reinheit und die Unversehrtheit des Glaubens zu sorgen. Deshalb schreibt der Heilige Vater Papst Franziskus in seiner ersten Enzyklika: „Gerade weil alle Glaubensartikel in Einheit verbunden sind, kommt die Leugnung eines von ihnen, selbst von denen, die weniger wichtig erscheinen, der Beschädigung aller gleich“ (Papst Franziskus: Enzyklika Lumen fidei, 48). Deswegen müssen wir stets darauf achten, dass das ganze Glaubensgut unversehrt weitergegeben wird (cfr. 1Tim 6,20).
Darüber hinaus versucht der Glaube zu verstehen, wie es der hl. Anselm von Canterbury einmal so treffend formuliert hat: „Fides quaerens intellectum“ (Glaube, der nach Einsicht sucht). Wer wirklich glaubt, sucht daher den, der seinen Glauben setzt, besser zu erkennen und das von ihm Geoffenbarte besser zu verstehen (cfr. Katechismus der Katholischen Kirche, 158).
Mögen die Feierlichkeiten anlässlich des 75-Jahr-Jubiläums der THEOLOGISCHEN KURSE dazu beitragen, dass den Menschen der Glaube der katholischen Kirche in seiner unverkürzten Schönheit anziehend vermittelt wird. Denn je mehr wir uns mit dem Glauben beschäftigten, desto klarer werden wir Jesus Christus, den einzigen Erlöser der Menschen, erkennen. Wer glaubt ist nie allein, machen wir es daher den Jüngern Jesu gleich und legen wir unter unseren Mitmenschen mutig und freudig Zeugnis für unseren Glauben an den Sohn Gottes – Jesus Christus – ab. Dazu wünsche ich den Lehrenden und Besuchern der THEOLOGISCHEN KURSE viel Kraft von oben und erbitte allen den Segen des dreifaltigen Gottes zum 75-jährigen Jubiläum. Ad multos annos!
Erzbischof Dr. Peter Stephan ZURBRIGGEN, Apostolischer Nuntius in Österreich