Der Verein der FREUNDE der THEOLOGISCHEN KURSE sieht es als seine Aufgabe, die THEOLOGISCHEN KURSE in ihrer Arbeit zu unterstützen.
Erschienen in: theologie aktuell | Ausgabe 2 - Jahrgang 2024/25
Wie lange lehren Sie schon bei den Theologischen Kursen?
Seit 2013.
Welches Fach tragen Sie bei den Theologischen Kursen vor?
Das Fach Kirchengeschichte, gelegentlich auch das Fach Ostkirchenkunde im Rahmen von Spezialkursen.
Was ist Ihnen im Theologischen Kurs in Ihrem Fach besonders wichtig?
Ich möchte den Teilnehmer:innen durch die inhaltliche Schwerpunktsetzung und meinen Vortragsstil vermitteln, dass das Fach Historische Theologie/Kirchengeschichte weit mehr ist als eine Aneinanderreihung von geschichtlichen Daten. Es geht um Wurzeln und Entwicklungen, um Entfaltungen und Dynamiken der facettenreichen Wirklichkeit von Theologie und Kirche: als Institution, als Ort und Rahmen theologischer Reflexion, als Mit-, Neben- und nicht selten als gegeneinander von Lebensformen und Modellen, wie Kirche durch die Geschichte hindurch bis heute verstanden und gelebt wird.
Haben Sie selbst beim Lehren im Theologischen Kurs auch neue Einsichten gewonnen?
Immer. Das Schöne bei den Theologischen Kursen ist die Vielfalt an Kontexten, aus denen die Teilnehmer:innen kommen – sei es beruflich, kirchlich oder in Bezug auf ihre persönlichen Interessen an der Theologie. Ich mag es sehr, mit den Teilnehmer:innen ins (Fach-)Gespräch zu kommen. Dass ich als Lehrende dabei von ihren Erfahrungen und Fragen lernen kann, macht die Theologischen Kurse-Settings für mich sehr lebendig.
Welche Erfahrung bei den Theologischen Kursen haben Sie in besonders guter Erinnerung?
Davon gibt es viele! Sehr profitiert habe ich davon, dass ich ein Jahr lang als wissenschaftlich-pädagogische Assistentin im großartigen Team der Theologischen Kurse am Stephansplatz mitarbeiten und mich an Themenfindung, Kurskonzeption und -gestaltung beteiligen konnte. Was die Lehre betrifft, habe ich die Präsenzformate, insbesondere die Intensivkurse an den Wochenenden, immer sehr geschätzt. Ich finde es sympathisch, dass eine Gruppe, die zusammen Theologie betreibt und reflektiert, auch die gruppendynamischen „Formate zwischen den Zeilen“ nutzt – etwa abends bei einem Glas Wein und in gemeinsamen Kaffee- und Mittagspausen. Dankbar bin ich, dass es mittlerweile auch einen Theologischen Kurs online gibt, weil ich damit als nicht in Österreich lebende Theologin die Möglichkeit habe, regelmäßig bei den Theologischen Kursen zu lehren.
Welche theologische Frage beschäftigt Sie zurzeit am intensivsten?
Aktuell sind es Fragen der Eschatologie, d.h. Fragen rund um das „Danach“. Wie stellen sich Menschen verschiedener Epochen das Jenseits vor? Was erhoffen sie, wovor fürchten sie sich, woraufhin zielen Gebete für die Verstorbenen? Inwieweit prägt oder reguliert die Kirche solche Vorstellungen? Wir planen ein größeres Forschungsprojekt zur noch weitgehend unerforschten mittelalterlichen Predigtliteratur im Kontext von Tod und Beerdigung.
Von welcher Theologin/welchem Theologen haben Sie am meisten gelernt?
Das Sympathische an meinem Beruf als Universitätsprofessorin ist, dass das regelmäßige Lernen von anderen Theolog:innen zu unseren Aufgaben, ja zu dem gehört, was man von uns erwarten darf. Das Gelernte soll reflektiert und konstruktiv kritisiert, weiterentwickelt und gelehrt werden. Am meisten habe ich aber wohl von Theolog:innen gelernt, die mich durch ihre eigene Begeisterung für bestimmte Themen und theologische Richtungen geprägt haben. Auf diese Weise bin ich etwa zu meinem eigenen Schwerpunkt in der Ostkirchenkunde gelangt.
Ihre aufregendste Bibelstelle?
Spannend finde ich den Versuch, Methoden der Schriftauslegung aus Geschichte und Gegenwart anzuwenden und zu sehen, wie Bibelstellen durch die Brille von Theolog:innen verschiedener Zeiten und geografischer Räume gelesen und vermittelt wurden.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Nicht am Schreibtisch, aber auf der Couch zur Entspannung liegt ein Buch der US-amerikanischen Autorin Helene Hanff mit dem Titel „84 Charing Cross Road“ (1970). Ich kenne kaum ein unaufgeregt-schöneres Buch – ein Briefwechsel der Autorin mit einem Londoner Antiquariat, ein entschleunigter Dialog über Literatur und Leben, mit einer guten Prise Charme und Wortwitz.
Welche Musik hören Sie gerne?
Zum 40. Geburtstag habe ich mir von meinen Gästen Schallplatten mit ihrem eigenen Musikgeschmack gewünscht. So habe ich nun eine Sammlung wunderbar abwechslungsreicher Musik nach einem vollen Arbeitstag. Auch gehe ich gerne auf Konzerte unterschiedlicher Musikrichtungen – vom Jazzclub über Folk Music zu Klassik und A capella.
Was machen Sie am liebsten in Ihrer Freizeit?
Ich bin gerne in den Bergen, mache gerne Städtereisen, mag Programmkinos und Bibliotheken.
Wo fühlen Sie sich kirchlich zu Hause?
Mein beruflicher Weg bringt es mit sich, dass ich oft sogar im Jahresrhythmus umgezogen bin – von Österreich nach Griechenland, Deutschland, in die USA und wieder retour. Kirchlich zuhause zu sein bedeutet für mich daher weniger die beständige Pfarrgemeinde, der ich angehöre, sondern das Feiern mit Menschen, für die Kirche zum Alltag gehört. In den orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen bin ich hier genauso fündig geworden wie in der Campus-Kirchengemeinde der University of Notre Dame in den USA. Ich empfinde das als eine große Bereicherung und sehe darin einen wichtigen Baustein der Ökumene.
Mit wem würden Sie gerne einmal einen ganzen Tag verbringen?
Mit den Bauleiter:innen einer gotischen Kathedrale im Mittelalter.
Welches Ziel wollen Sie noch erreichen?
Ich glaube, ich bin ein recht zielorientierter Mensch. Daher freue ich mich immer, wenn Team und professionelles Umfeld, Intuition und Menschenkenntnis, Ideale und Erdung gut zusammenspielen, um diese Ziele zu erreichen.
Herzlichen Dank für Ihre Antworten!
ZUR PERSON:
Prof. MMag. Dr. Andrea Riedl, geb. 1984, studierte in Graz, Thessaloniki und Wien Theologie und Klassische Philologie. Von 2011 bis 2015 war sie Assistentin am Institut für Historische Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien und vertiefte ihre Studien im Fachbereich Ostkirchenkunde. Ihre Dissertation schrieb sie im Fach Mittelalterliche Kirchengeschichte zum Thema der Beziehungen zwischen Ost- und Westkirche im 13. Jahrhundert. Von 2015 bis 2017 war sie als wissenschaftlich-pädagogische Assistentin bei den THEOLOGISCHEN KURSEN tätig. Nach zwei Forschungsjahren an der University of Notre Dame in den USA, bei den Monumenta Germaniae Historica (MGH) in München, als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Wien und Gastdozentin an der Universität Regensburg, übernahm sie 2020 die Fachbereichsleitung für Kirchengeschichte am Institut für Katholische Theologie an der TU Dresden. Seit 2024 hat Andrea Riedl die Vertretungsprofessur für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Fakultät für Katholische Theologie der Universität Regensburg inne. Seit 2013 lehrt sie bei den THEOLOGISCHEN KURSEN Kirchengeschichte.