Der Verein der FREUNDE der THEOLOGISCHEN KURSE sieht es als seine Aufgabe, die THEOLOGISCHEN KURSE in ihrer Arbeit zu unterstützen.
1939 wurde ich zur Mitplanung des "Theologischen Laienjahres" aufgefordert. 1940 wurde mir die Betreuung dieses Theologischen Kurses für Laien und sein Ausbau anvertraut. Anlass war, dass eine geistig anspruchsvolle Schicht von Katholiken die nun angebotene Möglichkeit, ihren Glauben auf dem Niveau zu überdenken, auf dem sie auch sonst geistig sich bewegte, gern angenommen hat. Das Potential der Vermittler war gegeben. Dies war der kleine Same, aus dem im Laufe von Jahrzehnten ein großer Baum wachsen sollte. Das Experimentierfeld waren die sieben Jahre in der NS-Herrschaft. Gekennzeichnet waren sie durch überaus große Einsatzbereitschaft und den Willen, das selbst eben Erlernte, das dialogfähige Glaubensverständnis auch unter schwierigsten Umständen weiterzugeben.
1945 dauerten die Kriegshandlungen in Wien nicht lange an. Trotz des Bombenschadens im Churhaus und trotz des Nicht-Funktionierens vieler Verkehrsmittel setzten wir den Kursbetrieb drei Wochen nach Kriegsende wieder fort. Das bedeutete für alle Beteiligten eine große Leistung, aber auch eine sinnvolle Nutzung dieser schweren Zeit.
In meinem Tätigkeitsbereich geschah 1950 die Gründung des "Fernkurses für theologische Bildung" aus dem Bedürfnis heraus, dass auch die übrigen österreichischen Diözesen eine ähnliche theologische Bildungseinrichtung, wie sie in der Erzdiözese Wien bestand, haben wollten.
Wieder ein schicksalshafter Hinweis: Ich las zufällig in einer Zeitung, dass es in Kanada einen Fernkurs für Ehevorbereitung gäbe und da kam mir blitzartig der Gedanke, dass ja ein solcher Fernkurs auch für Theologie möglich sein müsste. Die Idee wurde von den Letztverantwortlichen aufgegriffen. Die nun viel größere notwendige Zahl an Professoren ließ sich relativ leicht gewinnen; sie kamen aus allen theologischen Fakultäten und Lehranstalten Österreichs, auch aus Brixen (Südtirol) und Rom sowie aus verschiedenen deutschen Universitäten. Besondere Bereitschaft zur Mitarbeit zeigten die Professoren und Dozenten aus dem Orden der Jesuiten. Teilnehmer meldeten sich nicht nur aus allen österreichischen Bundesländern, sondern auch aus der Schweiz, aus Südtirol und vor allem aus Deutschland. Das große Interesse führte im Laufe der Jahre zu eigenen Gründungen in anderen Ländern: zuerst in der Schweiz, dann in Deutschland (zuerst in Düsseldorf, 1970 in Würzburg), in Italien (Rom, Brixen), in Ungarn und Ostdeutschland.
Drei Aspekte mögen es gewesen sein, die zur Einrichtung des 27-monatigen "Fernkurses" führten:
So wurde 1950 in Österreich der "Fernkurs für theologische Laienbildung" – als erster seiner Art – gegründet, und in den gesamtösterreichischen Rahmen des Österreichischen Seelsorgeinstituts eingeordnet. (Innerhalb dieses Instituts war der Fernkurs sehr bald ein selbständiges Werk mit eigener Verwaltung und Finanzgebarung.) Die österreichische Bischofskonferenz, der es unterstellt wurde, begrüßte die Einrichtung sehr. Alle österreichischen Bischöfe einigten sich darauf, für ihre Diözesen wie der Erzbischof von Wien zu verfahren: Dieser sprach und spricht für Absolvent*innen des zweijährigen "Theologischen Kurses" die systematisch-theologische Eignung zur missio canonica aus, wenn diese alle elf Prüfungen erfolgreich abgelegt haben.
Der ersten Bekanntmachung im Mitteilungsblatt der Erzdiözese Wien im Jänner 1950 ist folgende – in unseren Tagen nicht minder brisante – Motivation beigegeben:
"Wir können heute den ersten Christen wieder nachfühlen, was es heißt, in einer entchristlichten Welt zu leben wie damals in einer noch nicht christlichen Zeit. Damit aber entstehen auch neue und zugleich uralte Formen der christlichen Abwehr des Unglaubens. Wir kehren jetzt wieder zurück zu den Aufgaben des Laien, bevor ihn günstige und ungünstige Verhältnisse daraus verdrängten. In unserer Gegenwart ist es doch so, dass der Priester nur mehr in sehr beschränktem Umfang den Glauben verkünden kann. Er hat praktisch die Möglichkeit, jene Christen im Glauben zu unterrichten, die den Glauben verbreiten. Damit aber erwächst dem Laien eine ungeheure Verantwortung für die Kirche. Es wird jetzt aktuell und steht ihm immerdar vor Augen: Er ist verantwortlich für die Kirche in ihrem Bestehen und in ihrem Bekämpftwerden im Geist der Zeit, er ist verantwortlich für die Ungläubigen, er ist verantwortlich für das Evangelium, das Christus auch durch ihn verkünden will. Das ist· die Wiedergeburtsstunde der Laienarbeit an der Kirche.
Ermöglicht wurde der neue "Fernkurs" nur durch die bereits zehnjährige Erfahrung in den Wiener Theologischen Kursen, mit Hilfe eines bereitwilligen Dozententeams, das bald aus dem gesamtösterreichischen Raum kommend erweitert wurde, und mittels der schon aus dem Wiener Kurs vorhandenen Skripten. Neu zu bedenken war das Fernkurssystem: Es stand nie außer Frage, dass es auch im Fernkurs über die Vermittlung durch schriftliches Studienmaterial hinaus Sozialphasen geben musste; auf ihnen lag sogar der Hauptakzent.
Vorgesehen wurden zwei Studienwochen, in denen durch Fachtheologen vor allem die sogenannten Hauptfächer – Altes und Neues Testament, Fundamentaltheologie, Philosophie, Dogmatik, Moraltheologie – mit den Kursgruppen erarbeitet wurden. Dabei ging es zunächst um einen Überblick in den einzelnen Gebieten und um die bevorzugte Behandlung zentraler Themen – sie wurden für alle Fächer im Dozententeam beraten –, um große Zusammenhänge, aber auch um jeweils besonders aktuelle Fragen. Didaktisch-methodisch stützte man sich weniger auf eine bestimmte Theorie als vielmehr auf die Vermittlungsgabe der Lehrenden. Vorherrschend waren Vorlesung und Lehrgespräch. Vom Beginn an aber wurde – wie in den Wiener Kursen – bewusst Raum für Anfragen und Diskussionen eingeplant.
Es war nicht leicht, bei den ersten Studienwochen einen für die (zunächst ausschließlich männlichen) Dozenten und vor allem die Teilnehmer*innen bewältigbaren Tagesplan zu erstellen: Der Versuch, auch die sogenannten Nebenfächer – als solche kristallisierten sich Liturgik, Frömmigkeitslehre, Pastoraltheologie und Kirchenrecht heraus – zu berücksichtigen, scheiterte. Diese Fächer wurden ab dem zweiten Versuch nur mehr in Form von Skripten vorgelegt. Allerdings wollte man diese als nicht minder wichtig empfundenen Bereiche in Seminarveranstaltungen behandeln.
Als besonders bedeutsam erwies sich der Tagesablauf und die Gestaltung der ganzen Woche. Von Beginn an gab es diesbezügliche Fixpunkte – sie sind bis heute Praxis: Anfangs täglich waren die Teilnehmenden zu einer von ihnen mitgestalteten Eucharistiefeier (heute meist Morgenlob oder Abendlob) eingeladen. Bei den gemeinsamen Mahlzeiten der Kursgruppe und den Lehrenden wurde und wird darauf geachtet, dass alle einander durch Platzwechsel bei Tisch so gut wie möglich kennenlernen. An einem freien Halbtag Mitte der Woche kommt fast immer ein gemeinsamer Ausflug mit zahlreichen Teilnehmenden zustande – nicht nur eine Zeit der Erholung, sondern ebenso eine der Vergemeinschaftung.
Seit 30 Jahren bleibt der Arbeitstag – mit acht Einheiten à 45 Minuten (samt richtig platzierten Pausen!) – zwar unverändert streng, doch ist das Interesse, mitunter die Faszination am theologischen Bedenken des Glaubens so groß, dass der Elan die ganze Woche anhält. Von den Referent*innen wird die grundsätzliche Bereitschaft erwartet, sich tagsüber und mitunter bis in die Nachtstunden mit den Teilnehmer*innen in Gespräche einzulassen. Gemeinsam zu studieren, beten, essen und diskutieren machte diese Studienwochen von Anfang an zu einem Ort, an dem "Kirche" als Lebensraum erlebt werden konnte und kann. Diese Erfahrung darf nicht unterschätzt werden, kehren doch viele Teilnehmende in einen Alltag zurück, in dem eine gläubige Lebensform sehr viel schwieriger Gestalt gewinnt.
Bereits nach den ersten Studienwochen im Jahr 1950 wurde der Unterschied zwischen dem zweijährigen Wiener Kurs mit den seinerzeit zwei Abendveranstaltungen (heute einer dreistündigen Doppeleinheit) pro Woche und dem Fernkurs mit zwei Studienwochen innerhalb von 27 Monaten deutlich: Das Studium als solches ist im Wiener Kurs – aufgrund des kontinuierlichen Lernens und Austausches in der Kursgruppe sowie jederzeit kurzfristig möglicher Rückfragen an die Vortragenden – vermutlich für viele Menschen effizienter. Das äußert sich auch in der größeren Prüfungsfreudigkeit der Teilnehmer*innen im Wiener Kurs. Im Fernkurs hingegen ist die Sozialphase der gemeinsam verbrachten Wochen unersetzbar. Zudem bietet dieses Modell für Menschen mit sehr guter Zeiteinteilung und der Fähigkeit zielstrebig zu lernen die Möglichkeit zur individuelleren Gestaltung des Studiums.
Für den Anlauf des Fernkurses war also der Wiener Kurs eine unerlässliche Starthilfe. Bald schon lieferte jedoch der Fernkurs seinerseits durch die Ausbreitung in neue Räume und damit im Herankommen an vielfältig interessierte Personengruppen eine breite und mannigfaltige Erfahrungsbasis, die befruchtend auf die Wiener Kurse zurückwirkte. Auch heute noch ist der Wiener Boden die Erprobungsstätte für neue Kursexperimente, die dann in die Fernkursform übernommen werden können. Manche von ihnen sind dort sogar erfolgreicher.
Welche Bedeutung der Einrichtung des Fernkurses für das Leben der Kirche schon von Beginn an (bereits 1951) auf Seiten der Dozierenden beigemessen wurde, lässt sich folgendem Artikel des damaligen Universitätsprofessors Dr. Franz König, der schon seit 1942 dem Dozententeam angehörte, entnehmen:
"Die unzureichende geistige Vorbereitung, die wachsende Rolle des Laien, als persönlicher Zeuge für die religiöse Wirklichkeit einzutreten, der gute, aber unzureichende Wille, dem Nächsten in geistigen Nöten zu helfen – solche oder ähnliche Fragen waren der Anlass, dass man in Österreich durch die Einrichtung von 'Fernkursen für theologische Laienbildung' einen neuen, und, wie die Erfahrung zeigt, fruchtbringenden Weg beschritten hat. Je mehr Nichttheolog*innen sich ein durch gründliches Studium umfassendes reflektiert-religiöses Wissen erwerben, desto besser ist das nicht nur für den Stand der Laien und die Erfüllung ihrer Missionsaufgabe, sondern auch für Priester und Seelsorger, ja, für das gesamte religiös-kirchliche Leben. Es wäre sehr kurzsichtig, darin eine Konkurrenz für den in der Seelsorge arbeitenden Klerus zu sehen. Müsste nicht gerade die Kritik gebildeter Laien an der Predigt und Beichtpraxis oder dem religiösen Schrifttum viel verständiger und konstruktiver ausfallen? Würden es nicht gerade theologisch gebildete Laien sein, die die Aktualität der Antworten auf die letzten Sinnfragen, die Grundsätze der Moraltheologie, die Tauglichkeit der christlichen Lebensführung am wirksamsten bezeugen könnten? – Bringen doch ältere Teilnehmende durch persönliche Reife und Berufserfahrung ganz andere Voraussetzungen mit als noch sehr junge Menschen mit ihren je eigenen Fragen. Die Dozent*innen wiederum empfangen im intensiven persönlichen Kontakt Anregungen durch die in verschiedenen Berufen und gesellschaftlichen Schichten aufgeworfenen Fragen, die zum je neu Durchdenken des Lehrstoffs zwingen und neue Gesichtspunkte herausstellen lassen. Die Aufgabe einer solchen Woche erfordert, zweitrangige Fragen beiseite- und großen Linien hervortreten zu lassen. So wird den akademischen Theolog*innen die doppelte Aufgabe der wissenschaftlichen Theologie neu eingeprägt: nicht nur eine Summe von Wahrheitserkenntnissen zu vermitteln, sondern auch eine Lebensordnung und einen Heilsweg zu erschließen."
(aus: Franz König, Eine neue Lehr- und Hörgemeinde. In: Die Furche, Februar 1951)
Von Anfang an verlief die Entwicklung der Wiener Theologischen Kurse und des Fernkurses – wie die gemeinsame Bezeichnung "Theologische Kurse für Laien" deutlich macht – in enger Verbindung. Trotz unterschiedlicher Trägerschaft, gesonderter Sekretariate und getrennter Finanzgebarung sind die beiden Kursformen eng aufeinander bezogen: Sie teilen dasselbe Anliegen, und zahlreiche Referierende der Wiener Kurse unterrichten auch im Fernkurs. Dies brachte gemeinsame Grundlinien in der Entwicklung, vor allem aber dieselbe geistige Orientierung mit sich. Und der Ursprungsort Wien blieb auch weiterhin – und ist bis heute – der Boden, auf dem neue Initiativen wachsen und auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden (konnten).
In den 60er-Jahren erfolgte die längst fällige Institutionalisierung beider Kursformen. Der "Fernkurs für theologische Bildung" wurde 1962 als überdiözesanes Werk unmittelbar der Österreichischen Bischofskonferenz unterstellt. Das zunächst ad experimentum erstellte Statut erlangte – mit kleinen Änderungen – ab 1965 definitive Gültigkeit. Analog übernahm 1967 die Erzdiözese Wien die Trägerschaft für das diözesane Werk der „Wiener Theologischen Kurse“. In beiden Statuten wurde sowohl die Eigenständigkeit der beiden Institutionen als auch ihre enge Zusammengehörigkeit verankert. Ihre Leitung – bestehend aus zwei theologisch graduierten Personen, einem Priester und einem Laien – ist jeweils einem Kuratorium verantwortlich, für das mindestens fünf Personen vorgesehen sind. Die stärkste Verbindung zwischen den beiden Kursformen ist dadurch gegeben, dass die Leitung wie auch zwei Mitglieder in den beiden Kuratorien identisch sein sollen.
Das Zweite Vatikanische Konzil und der nachfolgende vielfältige Wandlungsprozess in Theologie und Kirche forderte eine Gesamterneuerung des Kurses. Ein Dozententeam aus freien Mitarbeiter*innen überarbeitete neben der großen Zahl von Veranstaltungen fast alle Skripten. Von theologischen Handbüchern konnte bei der Erstellung neuer Studienunterlagen keine Anregung erwartet werden, weil es keine Handbücher gab, die das Konzil rezipiert hätten. Es war also unmöglich, den Teilnehmer*innen in einem so kurzen Zeitraum wirklich befriedigende Skripten für alle Fächer zur Verfügung zu stellen. Das war eine Aufgabe für Jahre.
In den Sozialphasen war es bedeutend leichter, das gewandelte Selbstverständnis von Kirche und Theologie zu vermitteln: Die Dozenten waren ja schließlich mit der Literatur und der theologischen Diskussion vertraut, die dann – für viele Konzilsväter und gewiss auch für viele Theologen doch unerwartet – im Konzil zum Durchbruch gekommen war. Um die Mitte der 60er-Jahre mehrten sich die Dozentenkonferenzen. Es war dringend notwendig, dass die Professoren sich über ihr gewandeltes Selbstverständnis Rechenschaft ablegten, neue Schwerpunkte setzten und vor allem die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Disziplinen gemeinsam reflektierten. Zugleich war es ihr Anliegen, den Kursteilnehmer*innen den Wandel von Theologie und Glaube nach dem Zweiten Vatikanum nicht einfach "zuzumuten", sondern ihn zu begründen und dabei eine Verständnisbrücke zwischen "früher" und "jetzt" zu schlagen. Einerseits wollten sie die Kontinuität zwischen der Neuformulierung und der Tradition, andererseits auch die Notwendigkeit der neuen Sichtweisen betonen. Gemeinsames Prinzip der Vermittlung war, nicht zu "schocken", sondern die Ergebnisse des Konzils einzubauen und im Dialog zu klären.
Diesem Anliegen dienten sehr gut besuchte Abendseminare und Seminarwochen. Es sollten ja nicht nur die Teilnehmer*innen der laufenden Kurse die Konzilsergebnisse rezipieren. Auch die Absolvent*nnen aus den vergangenen Jahren wurden angeregt, die Schritte der Wandlung mitzuvollziehen.
Das Bedürfnis, das Konzil, das ja durch die Medien von vielen mitverfolgt werden konnte, besser zu verstehen war groß.
Besonders Ordensgemeinschaften nahmen das Angebot von Kursen gerne an, die teilweise eigens auf sie zugeschnitten waren. Dies war sicher ein wichtiger Beitrag dazu, dass das Konzil in verschiedenen kirchlichen Bereichen so rasch verstanden und umgesetzt werden konnte.
Die allermeisten Teilnehmer*innen der Theologischen Kurse hingegen haben die gewandelte Theologie im Geiste des Zweiten Vatikanums als befreiend und bereichernd erlebt.